Fiktives Kapital.





Der größte Teil des Bankkapitals ist rein fiktiv.


Die Reservefonds der Banken, in Ländern entwickelter kapitalistischer Produktion, drücken immer im Durchschnitt die Größe des als Schatz vorhandnen Geldes aus, und ein Theil dieses Schatzes besteht selbst wieder aus Papier, bloßen Anweisungen auf Gold, die aber keine Selbstwerthe sind. Der größte Theil des Bankierkapitals ist daher rein fiktiv und besteht aus Schuldforderungen (Wechseln), Staatspapieren (die vergangnes Kapital repräsentiren) und Aktien (Anweisungen auf künftigen Ertrag). 

Wobei nicht vergessen werden muß, daß der Geldwerth des Kapitals, den diese Papiere in den Panzerschränken des Bankiers vorstellen, selbst soweit sie Anweisungen auf sichre Erträge (wie bei den Staatspapieren) oder soweit sie Eigenthumstitel auf wirkliches Kapital (wie bei den Aktien), durchaus fiktiv ist und von dem Werth des wirklichen Kapitals, das sie wenigstens theilweise vorstellen, abweichend regulirt wird; oder wo sie bloße Forderung auf Erträge vorstellen und kein Kapital, die Forderung auf denselben Ertrag in beständig wechselndem fiktivem Geldkapital sich ausdrückt. Außerdem kommt noch hinzu, daß dies fiktive Bankierkapital großentheils nicht sein Kapital, sondern das des Publikums vorstellt, das bei ihm deponirt, sei es mit, sei es ohne Zinsen.
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Das Kapital III, MEGA II.15; S. 467. [MEW 25, S. 487]  





Kredit und fiktives Kapital.


Abgesehn von dem Aktienwesen – das eine Aufhebung der kapitalistischen Privatindustrie auf Grundlage des kapitalistischen Systems selbst ist, und in demselben Umfang, worin es sich ausdehnt und neue Produktionssphären ergreift, die Privatindustrie vernichtet –, bietet der Kredit dem einzelnen Kapitalisten oder dem, der für einen Kapitalisten gilt, eine inner-/halb gewisser Schranken absolute Verfügung über fremdes Kapital und fremdes Eigentum und dadurch über fremde Arbeit. Das Kapital selbst, das man wirklich oder in der Meinung des Publikums besitzt, wird nur noch die Basis zum Kreditüberbau.

Es gilt dies besonders im Großhandel, durch dessen Hände der größte Teil des gesellschaftlichen Produkts passiert. Alle Maßstäbe, alle mehr oder minder innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise noch berechtigten Explikationsgründe verschwinden hier. Was der spekulierende Großhändler riskiert, ist gesellschaftliches, nicht sein Eigentum.
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Das Kapital III, MEW Bd. 25, S. 455


Nota. – Hier wird handgreiflich, dass der sogenannte Wert keine Sache, sondern ein Verhältnis ist; und das Ausschlaggebende an dem Verhältnis ist, dass es als ein solches gilt. Denn fraglich ist am fiktiven Kapital und seinen spekulativen Geschäften nicht die Realität des verschobenen Stoffs – Gebrauchswert –, sondern lediglich das Eigentum daran, und das ist allerdings ein Verhältnis 'nur' in dem Maß, wie es gilt.
JE





Das zinstragende Kapital.


In dem zinstragenden Kapital ist aber die Vorstellung vom Kapitalfetisch vollendet, die Vorstellung, die dem aufgehäuften Arbeitsprodukt, und noch dazu fixirt als Geld, die Kraft zuschreibt, durch eine eingeborne geheime Qualität, als reiner Automat, in geometrischer Progression Mehrwerth zu erzeugen, sodaß dies aufgehäufte Arbeitsprodukt, wie der Economist meint, allen Reichthum der Welt für alle Zeiten als ihm von rechtswegen gehörig und zufallend schon längst diskontirt hat. Das Produkt vergangner Arbeit, die vergangne Arbeit selbst, ist hier an und für sich geschwängert mit einem Stück gegenwärtiger oder zukünftiger lebendiger Mehr-arbeit. 

Man weiß dagegen, daß in der That die Erhaltung, und insoweit auch die Reproduktion des Werths der Produkte vergangner Arbeit nur das Resultat ihres Kontakts mit der lebendigen Arbeit ist; und zweitens: daß das Kommando der Produkte vergangner Arbeit über lebendige Mehrarbeit grade nur solange dauert, wie das Kapitalverhältniß dauert; das bestimmte sociale Verhältniß, worin die vergangne Arbeit selbständig und übermächtig der lebendigen gegenübertritt.  
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Das Kapital III, MEGA II.15; S. 388 [MEW 25, S. 412]  



Die Bildung von fiktivem Kapital.


Die Bildung des fiktiven Kapitals nennt man kapitalisiren. Man kapitalisirt jede regelmäßig sich wiederholende Einnahme, indem man sie nach dem Durchschnittszinsfuß berechnet, als Ertrag, den ein Kapital, zu diesem Zinsfuß ausgeliehen, abwerfen würde; z. B. wenn die jährliche Einnahme = 100 £ und der Zinsfuß = 5 %, so wären die 100 £ der jährliche Zins von 2000 £, und diese 2000 £ gelten nun als der Kapitalwerth des juristischen Eigenthumstitels auf die 100 £ jährlich. Für den der diesen Eigenthumstitel kauft, stellen die 100 £ jährliche Einnahme dann in der That die Verzinsung seines angelegten Kapitals zu 5 % vor. Aller Zusammenhang mit dem wirklichen Verwerthungsproceß des Kapitals geht so bis auf die letzte Spur verloren, und die Vorstellung vom Kapital als einem sich durch sich selbst verwerthenden Automaten befestigt sich.

Auch da, wo der Schuldschein – das Werthpapier – nicht wie bei den Staatsschulden rein illusorisches Kapital vorstellt, ist der Kapitalwerth dieses Papiers rein illusorisch. Man hat vorhin gesehn, wie das Kreditwesen associirtes Kapital erzeugt. Die Papiere gelten als Eigenthumstitel, die dies Kapital vorstellen. Die Aktien von Eisenbahn-, Bergwerks-, Schifffahrts- etc. Gesellschaften stellen wirkliches Kapital vor, nämlich das in diesen Unternehmungen angelegte und fungirende Kapital, oder die Geldsumme, welche von den Theilhabern vorgeschossen ist, um als Kapital in solchen Unternehmungen verausgabt zu werden. Wobei keineswegs ausgeschlossen ist, daß sie auch bloßen Schwindel vorstellen. 


Aber dies Kapital existirt nicht doppelt, einmal als Kapitalwerth der Eigenthumstitel, der Aktien, und das andremal als das in jenen Unternehmungen wirklich angelegte oder anzulegende Kapital. Es existirt nur in jener letztern Form, und die Aktie ist nichts als ein Eigenthumstitel, pro rata, auf den durch jenes zu realisirenden Mehrwerth. A mag diesen Titel an B, und B ihn an C verkaufen. Diese Transaktionen ändern nichts an der Natur der Sache. A oder B hat dann seinen Titel in Kapital, aber C sein Kapital in einen bloßen Eigenthumstitel auf den von dem Aktienkapital zu erwartenden Mehrwerth verwandelt. 

Die selbständige Bewegung des Werths dieser Eigenthumstitel, nicht nur der Staatseffekten, sondern auch der Aktien bestätigt den Schein, als bildeten sie wirkliches Kapital neben dem Kapital oder dem Anspruch, worauf sie möglicher Weise Titel sind. Sie werden nämlich zu Waaren, deren Preis eine eigenthümliche Bewegung und Festsetzung hat. Ihr Marktwerth erhält eine von ihrem Nominalwerth verschiedne Bestimmung, ohne daß sich der Werth (wenn auch die Verwerthung) des wirklichen Kapitals änderte.

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Das Kapital III, MEGA II.15; S. 464f. [MEW 25, S. 484f.]




Fiktives Kapital, III.


Soweit wir die eigenthümliche Form der Akkumulation des Geldkapitals und Geldvermögens überhaupt bis jetzt betrachtet haben, hat sie sich aufgelöst in Akkumulation von Ansprüchen des Eigenthums auf die Arbeit. Die Akkumulation des Kapitals der Staatsschuld heißt, wie sich gezeigt hat, weiter nichts als Vermehrung einer Klasse von Staatsgläubigern, die gewisse Summen auf den Betrag der Steuern für sich vorwegzunehmen berechtigt sind. In diesen Thatsachen, daß sogar eine Akkumulation von Schulden als Akkumulation von Kapital erscheinen kann, zeigt sich die Vollendung der Verdrehung, die im Kreditsystem stattfindet. Diese Schuldscheine, die für das ursprünglich geliehene und / längst verausgabte Kapital ausgestellt sind, diese papiernen Duplikate von vernichtetem Kapital, fungiren für ihre Besitzer soweit als Kapital, als sie verkaufbare Waaren sind, und daher in Kapital rückverwandelt werden können.

Die Eigenthumstitel auf Gesellschaftsgeschäfte, Eisenbahnen, Bergwerke etc. sind, wie wir ebenfalls gesehn haben, zwar in der That Titel auf wirkliches Kapital. Indeß geben sie keine Verfügung über dies Kapital. Es kann nicht entzogen werden. Sie geben nur Rechtsansprüche auf einen Theil des von demselben zu erwerbenden Mehrwerths. Aber diese Titel werden ebenfalls papierne Duplikate des wirklichen Kapitals, wie wenn der Ladungsschein einen Werth erhielte neben der Ladung und gleichzeitig mit ihr. Sie werden zu nominellen Repräsentanten nicht existirender Kapitale. Denn das wirkliche Kapital existirt daneben und ändert durchaus nicht die Hand dadurch, daß diese Duplikate die Hände wechseln. 
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Das Kapital III, MEGA II.15 S. 473f. [MEW 25, S. 493f.



Fiktives Kapital, IV.



Mit der Entwicklung des zinstragenden Kapitals und des Kreditsystems scheint sich alles Kapital zu verdoppeln und stellenweis zu verdreifachen durch die verschiedne Weise, worin dasselbe Kapital oder auch nur dieselbe Schuldforderung in verschiednen Händen unter verschiednen Formen erscheint. Der größte Theil dieses "Geldkapitals" ist rein fiktiv. Die sämmtlichen Depositen, mit Ausnahme des Reservefonds, sind nichts als Guthaben an den Bankier, die aber nie im Depositum existiren. Soweit sie zum Girogeschäft dienen, fungiren sie als Kapital für die Bankiers, nachdem diese sie ausgeliehen haben. Sie zahlen sich unter einander die wech-selseitigen Anweisungen auf die nichtexistirenden Depositen durch Abrechnung dieser Guthaben gegen ein-ander. 
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Das Kapital III,  MEGA II.15; S. 469 [MEW 25, S. 488 f.]



Nota. Die obigen Fotos gehören mir nicht, ich habe sie im Internet gefunden. Wenn Sie deren Eigentümer sind und ihre Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE    

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