Dienstag, 18. Oktober 2016

Stoff und Form, oder Der Mensch macht seine Bedürfnisse selber.



Arbeit sei der Gebrauchswert des Kapitals, hieß es gestern. - 

Der Gebrauchswert gehört nicht in die Ökonomie, nämlich nicht ins Klassische System der Politischen Ökonomie, wie es von Smith, Ricardo und ihren Nachfolgern und Epigonen aufgestellt worden ist.

Das war dessen Grundfehler, denn der Gebrauchswert ist die andere Seite der Bedürfnisse, und der Reichtum besteht, stofflich betrachtet, nur in der Mannigfaltigkeit der Bedürfnisse. Gehört also die Akkumulation des Reichtums nicht in die Ökonomie? 

Die Kritik der Politischen Ökonomie hat diesen Inhalt: an die Stelle der scheinbar selbstläufigen Formbestim- mung die materiale Geschichte der Bedürfnisse zu setzen.

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Bedürfnis ist in den Pariser Manuskripten das Wesen des Menschen. Den Gedanken hat Marx von Feuerbach übernommen, er macht den 'Materialismus' der neuen Betrachtungweise aus. Als ein Bedürftiger erscheint der Mensch bei Feuerbach aber lediglich als Leidender, doch müsse der Materialismus praktisch aufgefasst werden, heißt es bei Marx spätestens in den Feuerbachthesen: Als Bedürftiger sei der Mensch ein schlechthin Tätiger. Das Was ist der Stoff. Die Form ist lediglich ein Wie.

An dem Punkt erweist sich die formale Analogie von Marx und Fichte als eine sachliche. Wenn von einem An- sich überhaupt die Rede sein könnte - was eigentlich gar nicht statthaft ist -, so müsse es das Wollen sein, sagt Fichte: In einem ersten Gang der Transzendentalphilosophie hat sich 'der Mensch' als ein Ich und das Ich als Tätigkeit erwiesen. Als Grund seiner schlechthinnigen Tätigkeit wird man sich ein Wollen denken müssen: als dynamisches Prinzip. - Das freilich ist Spekulation. 

Nicht spekulativ ist jedoch der 'zweite Gang' der Transzendentalphilosophie; der Gang, der aus den freigelegten Gründen die positive Tätigkeit re-konstruiert: Sie ist immer, welches auch ihre konkreten Bestimmungen nach Raum und Zeit jeweils seien, Übergang vom Bestimmbaren - relativ Unbestimmten - zur Bestimmtheit. 

Ist 'der Mensch' als ein an sich Bedürftiger, das Bedürfnis aber als dynamisches Prinzip definiert, dann ist der reale historische Prozess ein unendliches Übergehen von der relativen Unbestimmtheit zur Bestimmung der Bedürfnisse. Bedürfnis ist Wollen. 

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Quod erat demonstrandum.












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