Donnerstag, 21. Januar 2016

Nachtrag: Historisches zum Kaufmannskapital.


Hans Holbein d. J., Kaufmann G. Gisze

Im Mittelalter ist der Kaufmann bloß "Verleger", wie Poppe richtig sagt, der sei es von den Zünftlern, sei es von den Bauern producirten Waaren. Der Kaufmann wird Industrieller, oder vielmehr läßt die handwerksmäßi-ge, besonders die ländliche kleine Industrie für sich arbeiten. Andrerseits wird der Producent Kaufmann. Statt daß z. B. der Tuchwebermeister seine Wolle nach und nach in kleinen Portionen vom Kaufmann erhält und mit seinen Gesellen für diesen arbeitet, kauft er selbst Wolle oder Garn und verkauft sein Tuch an den Kaufmann. Die Produktionselemente gehn als von ihm selbst gekaufte Waaren in den Produktionsproceß ein. Und statt für den einzelnen Kaufmann zu produciren, oder für bestimmte Kunden, producirt der Tuchweber jetzt für die Handelswelt. Der Producent ist selbst Kaufmann. Das Handelskapital verrichtet nur noch den Cirkulationspro-ceß. 

Ursprünglich war der Handel Voraussetzung für die Verwandlung des zünftigen und ländlich-häuslichen Ge-werbes und des feudalen Ackerbaus in kapitalistische Betriebe. Er entwickelt das Produkt zur Waare, theils in-dem er ihm einen Markt schafft, theils indem er neue Waarenäquivalente, und der Produktion neue Roh- und Hülfsstoffe zuführt und damit Produktionszweige eröffnet, die von vornherein auf den Handel gegründet sind, sowohl auf Produktion für den Markt und Weltmarkt, wie auf Produktionsbedingungen, die aus dem Welt-markt herstammen. 

Sobald die Manufaktur einigermaßen erstarkt, und noch mehr die große Industrie schafft sie sich ihrerseits den Markt, erobert ihn durch ihre Waaren. Jetzt wird der Handel Diener der industriellen Produktion, für die be-ständige Erweiterung des Markts Lebensbedingung ist. Eine stets ausgedehntere Massenproduktion über-schwemmt den vorhandnen Markt und arbeitet daher stets an Ausdehnung dieses Markts, an Durchbrechung seiner Schranken. Was diese Massenproduktion beschränkt, ist nicht der Handel (soweit dieser nur existirende Nachfrage ausdrückt), sondern die Größe des funktionirenden Kapitals und die entwickelte Produktivkraft der Arbeit. 

Der industrielle Kapitalist hat beständig den Weltmarkt vor sich, vergleicht, und muß beständig vergleichen, seine eignen Kostpreise mit den Marktpreisen nicht nur der Heimath, sondern der ganzen Welt. Diese Ver-gleichung fällt in der frühern Periode fast ausschließlich den Kaufleuten zu, und sichert so dem Handelskapital die Herrschaft über das industrielle. 
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Das Kapital III, 
MEGA II.15 S. 328f. [MEW 25, S. 348f.]




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