Donnerstag, 1. Oktober 2015

Auf der Suche nach der ursprünglichen Akkumulation.


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Was uns zunächst hier angeht, ist dieß: der Auflösungsprocess, der eine Masse Individuen einer Nation etc in δυνάμει freie Lohnarbeiter, – nur durch ihre Eigenthumslosigkeit zur Arbeit und zum Verkauf ihrer Arbeit gezwungne Individuen – verwandelt, unterstellt auf der andren Seite, nicht daß die bisherigen Einkommen-quellen und zum Theil Eigenthumsbedingungen dieser Individuen verschwunden sind, sondern umgekehrt daß nur ihre Verwendung eine andre geworden, die Art ihres Daseins sich verwandelt hat, als freier fonds in andre Hände übergegangen oder auch zum Theil in denselben geblieben ist. 

Aber so viel ist klar: derselbe Process der eine / Menge Individuen von ihren bisherigen – d'une manière ou d'une autre – affirmativen Beziehungen zu den objectiven Bedingungen der Arbeit geschieden, diese Beziehungen negirt, und diese Individuen dadurch in freie Arbeiter verwandelt hat, derselbe Process hat diese objectiven Bedin-gungen der Arbeit – Grund und Boden, Rohmaterial, Lebensmittel, Arbeitsinstrumente, Geld oder alles dieß – δυνάμει frei gemacht von ihrem bisherigen Gebundensein an die nun von ihnen losgelösten Individuen. Sie sind noch vorhanden, aber in andrer Form vorhanden: als freier fonds, an dem alle alten politischen etc relations aus-gelöscht, und die nur noch in der Form von Werthen, an sich festhaltenden Werthen, jenen losgelösten Eigen-thumslosen Individuen gegenüberstehn. 

Derselbe Process der die Masse als freie Arbeiter den objektiven Arbeitsbedingungen gegenübergestellt, hat auch diese Bedingungen als Capital den freien Arbeitern gegenübergestellt. Der historische Process war die Schei-dung bisher verbundner Elemente – sein Resultat ist daher nicht, daß eins der Elemente verschwindet, sondern daß jedes derselben in negativer Beziehung auf das andre erscheint – der freie Arbeiter (der Möglichkeit nach) auf der einen Seite, das Capital (der Möglichkeit nach) auf der andren. Die Scheidung der objektiven Bedingun-gen von Seiten der Klassen, die in freie Arbeiter verwandelt worden, muß ebenso sehr als eine Verselbstständi-gung dieser selben Bedingungen am entgegengesezten Pol erscheinen. 
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Grundrisse, MEGA II/1.2  S. 405f. [MEW 42, S. 411f.]


Nota.  Schon an der Häufung der Unterstreichungen wird deutlich, wie schwer M. ums Verstehen ringt: auf der einen Seite das Hegel'sche Dogma vom "Umschlagen" der Begriffe, von dem er offenbar nicht loskommt, und auf der andern Seite die selbst auferlegte Erfordernis, das wirkliche Geschehen in seiner sinnlichen, materi-ellen Erscheinung darzustellen. 

Stofflich sind noch alle Elemente da: "objektive Arbeitsbedingungen", jedesmal unterstrichen. Zuerst gehören sie dem Arbeiter, freilich in der spezifischen Weise, dass auch er ihnen gehört: Sie sind einander-Angehörige. Dann sind dieselben objektiven Arbeitsbedingungen von den arbeitenden Individuen losgelöst und werden monopolisiert in den Händen einer andern Klasse; werden zu Kapital. Es hilft kein dialektisches Räsonnieren über die Abenteuer des Begriffs Arbeitsbedingung; zu erklären ist ihr ganz realer Übergang aus den Händen der einen in die Hände der andern: Die werden dabei andere.

– Wir befinden uns hier im V. Heft, in dem Abschnitt, der von den Herausgebern mit Formen, die der kapitali-stischen Produktion vorhergehen überschrieben wurde; er schließt unmittelbar an den Abschnitt Ursprüngliche Akku-mulation des Kapitals an. Diese Überschriften stammen auch wirklich von Marx. Sie waren aber nie als Kapitel-überschriften gemeint! Marx hat die Grundrisse (auch dieser Titel ist mehr als bedenklich, darüber gelegentlich mehr) nicht als Ausarbeitung eines zu druckenden Buches – "meine Ökonomie" – niedergeschrieben, sondern zwecks Sichtung und Zusammenstellung des Materials, das er inzwischen zusammengetragen hatte. Diese Sammlung sollte ihm später bei der Ausarbeitung eines druckreifen Textes als stofflicher Fundus dienen. Zu diesem Zweck: um es später ausschlachten zu können, hat Marx das ganze Konvolut nachträglich mit Zwischen-überschriften versehen – damit er bei der Ausarbeitung des Buchs wüsste, wo er in seinem Manuskript das dazugehörige Material fände. Die Zwischenüberschriften sind also gar nicht für das 'Grundrisse'-Manuskript gedacht, sondern bezeichnen lediglich die Stellen, an denen sie im späteren Buch weiterbearbeitet werden sollten.

Tatsächlich enthalten die beiden Kapitel den Stoff, den Marx schließlich zum Kapitel über Die sogenannte ursprüngliche Akkumulation des Kapitals im Kapital I ausgearbeitet hat. Es ist der Kern der Kritik der Politi-schen Ökonomie.
JE


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