Mittwoch, 23. September 2015

Überschüssige Bevölkerung.


BMfAS

Das Setzen einer bestimmten Portion von Arbeitsvermögen als überflüssig, d. h. der zu ihrer Reproduction erheischten Arbeit als überflüssig, ist daher nothwendige Consequenz des Wachsthums der Surplusarbeit im Verhältniß zur nothwendigen. Die Abnahme der relativ nothwendigen Arbeit erscheint als Zunahme der relativ überflüssigen Arbeitsvermögen – d. h. als Setzen von Surpluspopulation. 

Wenn diese erhalten wird, geschieht es dann nicht aus dem Arbeitsfonds, sondern aus der Revenu aller Klassen. Es geschieht nicht durch die Arbeit des Arbeitsvermögens selbst – nicht mehr durch die normale Reproduction als Arbeiter, sondern als Lebendiger wird er aus Gnade von andren erhalten; wird daher Lump und Pauper; dadurch daß er nicht mehr durch seine nothwendige Arbeit, also nicht mehr durch den Austausch mit einem Theil des Capitals sich erhält, ist er aus den / Bedingungen des scheinbaren Tausch- und Unabhängigkeitsverhältnisses heraus gefallen; 

zweitens: die Gesellschaft übernimmt in aliquoten Theilen für den Herrn Capitalisten das Geschäft ihm sein virtuelles Arbeitsinstrument – dessen wear und tear – in Stand zu halten auf Reserve für spätren Gebrauch. Er schiebt die Reproductionskosten der Arbeiterklasse zum Theil von sich ab und pauperisirt so zu seinem Profit einen Theil der andren Bevölkerung. Andrerseits hat das Capital, da es sich beständig als Surpluscapital reproducirt, eben so sehr die Tendenz diesen Pauperismus zu setzen als aufzuheben. Es wirkt in entgegengesezter Richtung, wo in der Zeit bald das eine, bald das andre das Uebergewicht hat 
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Grundrisse, MEGA II/1.2  S. 497. [MEW 42, S. 510f.]


Nota. - Dass sie eine überschüssige Bevölkerung schafft, ist keine Besonderheit der kapitalistischen Wirtschafts-weise: das tut jede auf Arbeit beruhende Gesellschaft, also jede seit dem Übergang zum Ackerbau. In den ur-wüchsigen Gemeinschaften der Jäger und Sammler wird das Gleichgewicht zwischen Nahrungsangebot und Bevölkerung alljährlich neu hergestellt. Das Besondere der kapitalistischen Gesellschaft besteht darin, dass sie eine "industrielle Reservearmee" buchstäblich unterhält, um je nach Marktlage immer auf sie zurückgreifen zu können.

Deren Unterhalt wurde vor Einrichtung der Sozialversicherung aus dem Konsumfonds der gesamten Gesell-schaft bestritten - also nicht vom Kapital, das auf ihren Bestand doch angewiesen ist. Seit der Einführung um-fassender Sozialversicherungen wird ein Teil dieses Unterhalts vom Lohn der Arbeitenden abgezogen. (In Deutschland gehen Hartz IV und Grundsicherung weiterhin auf Kosten der gesamten Gesellschaft.)

Dass auch die Unternehmer ein Teil zur Sozialversicherung beitrügen, ist nur ein Schein. Deren Beitrag ist ein verstecktere Abzug vom Arbeitslohn. Der Sinn der Täuschung ist der, dem Kapital einen Zugriff auf die Selbstverwaltung der Kassen zu verschaffen.
JE 


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